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Transparent: Kritisches Denken braucht Zeit und Raum

AK-Historischer Materialismus - E.P. Thompson und der Formierungsprozess der Arbeiterklasse

Bereich

Erfahrung, Struktur und kollektives Handeln im Denken E.P. Thompson (1924-1993). Ein autonomes Tutorium zu zentralen Kategorien einer Geschichtsschreibung von unten.

Erstes Treffen 5. Mai 2023, 16 Uhr

Treffpunkt: Rotunde IG-Farben Haus

Info: historischermaterialismus [at] unterbau.org (historischermaterialismus[at]unterbau[dot]org)



Edward Palmer Thompson (1924-1993) war ein Historiker, Mitglied der Kommunistischen Partei und Friedensaktivist. Er wurde noch vor Anfang des Zweiten Weltkrieg Mitglied der Kommunistischen Partei und beteiligte sich nach Ende von diesen am kommunistischen Wiederaufbau der Infrastruktur Jugoslawiens. Als Historiker war er Teil der Gruppe der Marxistischen Historiker, die Communist Party Historians Group, die wesentliche Impulse für die Wirtschafts- und Sozialgeschichte und insbesondere für das Studium der Arbeiterbewegung, in der zweiten Hälfte des XX. Jahrhunderts gaben – Stichwort: Geschichte von unten.

Thompson distanzierte sich von dem offiziellen Kurs der Kommunistischen Partei Großbritanniens nach 1956, blieb aber immer der sozialistischen und kommunistischen Tradition verschrieben und gilt als einer der intellektuellen Vorbereiter in Großbritannien der Neuen Linke, in dessen Kontext er auch politisch für die Friedens- und Anti-AKWbewegung tätig war.

Obwohl die Schriften von Thompson in gewisser Hinsicht revolutionär für die Sozialgeschichte waren, werden sie im deutschsprachigen Raum heute nur marginal rezipiert, seine Person und Wirkung ist auch in linken Kreisen in Deutschland kaum noch bekannt. Thompson zeichnet sich dadurch aus, dass er historische Theorie, Forschung und Narration nicht nur als eins begriff, sondern auch als solches in seinen Darstellungen zu kombinieren wusste. In seinen Schriften entwickelte er mehrere Konzepte, durch denen er versuchte, gerade die von der offiziellen Geschichtsschreibung vergessenen und marginalisierten, eine Stimme zu geben und so ihr Wirken in der Geschichte aufzuzeigen: Ihnen letztendlich die Geschichte zu geben, die ihnen von „offizieller“ Seite enthalten wurde und teilweise noch wird. Dabei rückte er einmal von einer traditionellen auf „die großen Männer“ und ihr Agieren gerichtete Geschichtsschreibung, zweitens aber auch von einer Geschichtsschreibung, die gerade in den marxistischen Traditionen seiner Zeit, geschichtliche Prozess allein aus objektiven Gesetzmäßigkeiten abzuleiten versuchte, ab.

Im Zentrum dieses Tutoriums soll Thompsons Begriff der „Erfahrung“ und der „Kultur“ ins Zentrum rücken, die Bedeutung, die diese für den Prozess der Herausbildung eines Klassenbewusstseins und somit im „Formierungsprozesse der Arbeiterklasse“ einnehmen. Dabei soll es auch um die Grenzen und Potentiale, die theoretische Reflexionen und Begriffsbildung für die historische Forschung einnehmen können, gehen. Die exemplarisch an seine Auseinandersetzung mit Althusser und den Überlegungen von Joan Wallach Scott, diskutiert werden.