Pädagogik zwischen Technisierung und Resonanz
Vom (Un)Sinn ökonomisierter Bildung
7. Veranstaltung zur Ökonomisierungskritik
Einladung zu sechs Vortragsabenden mit Diskussion an der Goethe-Universität, Campus Westend, Seminarhaus Raum 3.104/ 3.105, von September 2024 bis Februar 2025.
Veranstaltet von der „Arbeitsgruppe gegen die Ökonomisierung der Bildung“ in der GEW Hessen und der Betriebsgruppe der GEW an der Goethe-Universität.
Mit Unterstützung durch den Asta der Goethe-Universität, den GEW Landesverband Hessen, die GEW Verbände Frankfurt, Wiesbaden-Rheingau, Südhessen, Bergstraße, Hochtaunus, Hochschule
Wir, die Arbeitsgruppe „Gegen die Ökonomisierung der Bildung“ in der GEW Hessen organisieren seit dem Wintersemester 2012/2013 in regelmäßigem Turnus Vortragsreihen bzw. Thementage, die einen kritischen Blick auf die fatalen Auswirkungen der neoliberalen Bildungspolitik der letzten Jahrzehnte werfen.
Damit ging eine fortschreitende Technisierung des Lehrens und Lernens einher. Diese manifestierte sich nicht nur in der Digitalisierung und größtmöglichen Individualisierung von Lernprozessen, sondern beispielsweise auch in aus der Wirtschaft rührenden In- und Output-Strategien sowie den seit PISA dominanten Lernstandserhebungen. Anstelle des eigenständig denkenden Menschen rückte der homo oeconomicus – reduziert auf seine Funktion als Humankapital – in den Mittelpunkt von Erziehung und Bildung. Diese Bemühungen, das Lehren und Lernen zu revolutionieren, blieben allerdings bisher ohne die gewünschte Wirkung.
Im Gegenteil: Durch den daraus resultierenden Verlust der notwendigen Resonanz innerhalb des Lernprozesses werden in solchen Settings bereits im Vorschulalter pädagogische Beziehungen sowie der Erwerb sozialer und emotionaler Fähigkeiten verhindert. Auf diese Weise leidet nicht zuletzt die psychische und physische Gesundheit junger und jüngster Menschen. Mit den entsprechenden Folgen für die Einzelnen wie für uns alle.
Darüber hinaus werden Empathie und Gemeinschaftsgeist in diesem Gefüge zu Fremdwörtern innerhalb eines Berufsfeldes, das mit Menschen für Menschen und damit nicht zuletzt für unsere Gesellschaft arbeitet. Solidarität wird auf diese Weise aktiv verhindert. Kolleginnen und Kollegen werden ebenso wie die ihnen anvertrauten Kinder und Jugendlichen mehr und mehr dem neoliberalen Erziehungsideal unterworfen: der Anpassung an ein weitestgehend ökonomisiertes System.
Dr. Gabriele Frenzel, Maria Heydari, Günter Köhler, Thomas Sachs, René Scheppler, Herbert Storn, Eva Maria Wehrheim
Veranstaltungen
Donnerstag, 05.09.2024, 18.15 Uhr: Prof. Dr. Ralf Lankau
Die pädagogische Wende – Über die notwendige Besinnung auf das Erziehen und Unterrichten.
Die Ergebnisse der jüngsten Pisa-Studie sind für das deutsche Bildungssystem, vor allem aber für die Zukunft junger Menschen, verheerend. Negativrekorde sind leider eine stabile Tendenz aller Leistungsvergleiche seit 2012. Daher müssen wir in einem gemeinsamen Akt der Besinnung auf die Bedeutung von Schule und Unterricht wieder den Menschen als Lernenden und Lehrenden in den Mittelpunkt von Bildungsprozessen stellen. Wir brauchen einen Humanpakt Bildung statt der einseitigen Fixierung auf Digitaltechnik.
Donnerstag, 31.10.2024, 18.15 Uhr: Eva Maria Wehrheim
Von Beziehungslosigkeit, Entmenschlichung und verlorener Würde – Erziehung und Bildung in der Pflicht.
Die Digitalisierung von Schule und Gesellschaft hat messbare Folgen für die psychische wie physische Gesundheit des Einzelnen und der Gemeinschaft sowie ihrer demokratischen Struktur. Auf den damit einhergehenden Verlust emotionaler und sozialer Fähigkeiten, von Empathie und Solidarität müssen Erziehung und Bildung gemäß ihres Auftrags reagieren.
Donnerstag, 14.11.2024, 18.15 Uhr: Prof. Dr. Elisabeth Rohr
Zerstört die zunehmende Digitalisierung von Lebensbereichen unsere Empathiefähigkeit?
Eine Reihe von Studien zeigen, dass Empathiefähigkeit seit der Einführung sozialer Medien, vor allem seit Einführung von Facebook, in gravierendem Umfang nachgelassen hat. Wie zeigt sich diese Entwicklung? Welche konkreten Folgen lassen sich erkennen. In dem Beitrag geht es darum aufzuzeigen, dass die nachlassende Empathiefähigkeit mehrere Ursachen hat, die sich allerdings auch auf soziale und politische Lebens- und Gesellschaftsbereiche auswirken. Ist damit also auch unsere Demokratie in Gefahr?
Donnerstag, 05.12.2024, 18.15 Uhr: Dr. Gabriele Frenzel
Pädagogische Kreativität – Über die Bedeutung von Freiräumen für pädagogisches Handeln.
Eine Schulkultur, die Spielräume für pädagogische Kreativität lässt, ermöglicht es Lehrer:innen, ihren Unterricht immer wieder neu zu erfinden und zu gestalten. Durch den gegenwärtigen Druck auf Schulen in Richtung Leistungsfähigkeit und Effizienz wird kreatives pädagogisches Arbeiten zunehmend verhindert.
Freitag, 24.01.2025, 18.15 Uhr: Dr. Nils B. Schulz
Begriffskitsch im Bildungssystem – Zur Notwendigkeit pädagogischer Sprachkritik.
Der Vortrag widmet sich der gegenwärtigen Sprachpolitik im Bildungssystem. Untersucht wird die Etablierung einer starren ökonomistischen und technizistischen Sprache, die im Zusammenspiel mit einem wolkigen Gefühlsvokabular pädagogische Begrifflichkeit zunehmend ersetzt. Dadurch werden zum einen kognitive Dissonanzen erzeugt; zum anderen wird neuen Formen entfremdeten Lehrens und Lernens zugearbeitet.
Donnerstag, 13.02.2025, 18.15 Uhr: Dr. Andreas Hellgermann
Die Schule der instrumentellen Vernunft (Horkheimer reloaded).
Sind wir auf dem Weg in eine Schule der instrumentellen Vernunft oder gar schon mittendrin? Geht es in ihr bereits um ein Denken, das gar nicht mehr umfassend sein will, das nicht den Anspruch hat, auch komplexe Zusammenhänge zu erkennen und zu verstehen? Angesichts der vielfältigen gegenwärtigen Krisen wäre das ein katastrophaler Befund.