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Transparent: Kritisches Denken braucht Zeit und Raum

Stellungnahme des AStAs der GU zu dem Einzug der Rücklagen durch das Land Hessen

28.01.2025

Aktuelle Lage:

Die hessischen Hochschulen stellen insgesamt 475,4 Millionen Euro aus ihren Rücklagen zur Konsolidierung des Landeshaushalts bereit. Auf die Goethe-Universität entfallen davon 105,0 Millionen Euro aus dem Sondervermögen für den Neubau der Universitätsbibliothek sowie weitere rund 101 Millionen Euro aus der sogenannten Rücklage. Aus diesen Rücklagen müssen die Fachbereiche 01-15 etwa 37 Millionen Euro und der Fachbereich 16 rund 35 Millionen Euro an das Land abführen. Dabei ist zu beachten, dass die Goethe-Universität höchstens 15,6 % ihres Budgets als Rücklagen aufbauen darf.

Die Vorstellung, dass Rücklagen Überschüsse darstellen und für den Betrieb von Lehre und Forschung entbehrlich sind, ist grundlegend falsch. Rücklagen entstehen vielmehr als Folge einer anhaltenden Unterfinanzierung, die die Fachbereiche dazu zwingt, unabhängig von staatlicher Unterstützung zusätzliche Mittel zu akquirieren, um den Betrieb von Lehre und Projekten zu gewährleisten. Sie sind kein finanzieller Überschuss, sondern ein unverzichtbarer Puffer, der bereits fest verplant ist und für die Stabilität und Fortführung von Lehre und Forschung eine entscheidende Rolle spielt.

Diese Forderung des Landes ist inakzeptabel, wenn auch nicht überraschend, seit Alexander Lorz (CDU) 2024 das Amt des Finanzministers übernommen hat. Auch der aktuelle Kultusminister Armin Schwarz, ebenfalls von der CDU, trat direkt die Nachfolge von Alexander Lorz an. Einsparungen ziehen sich mittlerweile durch alle Bereiche, vom sozialen Wohnungsbau bis hin zu Gymnasien. Umso mehr ist die Universitätsleitung gefordert, eine klare Haltung zu zeigen. Es stellt sich die Frage, wie weit man vom alltäglichen Universitätsbetrieb entfernt sein kann, wenn das Präsidium Rücklagen für entbehrlich hält. Diese Rücklagen sind akut essenziell, um die Qualität von Lehre und Forschung dauerhaft sicherzustellen.

Folgen für Studierende:

Die Hochschulen und das gesamte Bildungssystem werden seit Jahren rigoros kaputtgespart und die Überführung der Rücklagen ist nur ein weiteres Glied in einer langen Kette der Unterfinanzierung. Marode Gebäude, prekäre Arbeitsbedingungen in Forschung und Lehre, Verzögerungen im Studium durch Fehlen von Grundlegenden Angeboten, immer weitere Beschleunigung des Erlernens und Auseinandersetzen mit den Inhalten, kaum Unterstützung und direkte Betreuung. Das alles kann als Resultat einer dauerhaften Unterfinanzierung durch das Land gewertet werden – die Universitäten stehen auf einem wackligen Gerüst aus Versprechungen, unsicheren Plänen, Drittmitteln und den Rücklagen, die benötigt werden, um diversen Herausforderungen des regulären Betriebs gewachsen zu sein. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis dieses Gerüst in sich zusammenbrechen wird.

Mit dem temporären Einzug der Rücklagen fällt ein weiteres wichtiges Standbein weg. Rücklagen ist dabei irreführend, denn sie stellen nicht nur eine Absicherung dar, sondern werden je nach Fachausrichtung für fest eingeplante Anschaffungen oder für die Deckung von Kosten, insbesondere von Personal verwendet. Während weiterhin an einer festgefahrenen Sparpolitik auf Landesebene festgehalten wird, verschärft sich diese Situation. Das kann zu massiven Einschränkungen in der Lehre führen, die Betreuungsverhältnisse werden noch dramatisch und nicht besetzbare Stellen führen zu einer Aushöhlung des Lehrkörpers. Lehrkapazitäten schrumpfen und ob kleinere Studiengänge weiterhin Bestand haben werden, ist ungewiss. Der auf weiteres vertagte Bau (oder zumindest eine Sanierung/Renoviereung) der Zentralbibliothek, ist nur ein weiteres Beispiel für die Folgen dieser an die Schuldenbremse gebundene Bildungspolitik.Bei weiterer Verschleppung und Unsicherheiten, die auch im Hinblick auf die Verhandlungen eines neuen hessischen Hochschulpakts mit Start 2026 aufkommen, ist fraglich wie lange noch dieses Konstrukt der Finanzierung aufrechterhalten werden kann. Der Bau des neuen Studierendenhauses, ein weiteres Bauprojekt, das sich schon um circa. 10 Jahre verzögert, zuletzt wegen gestiegener Baukosten, darf ebenfalls nicht gefährdet werden. Zu lange wurde auch hier sich an kaum etwas als Versprechen und gutes Zureden festgehalten. Es ist wichtiger denn je, diesen Raum, der in der Nachfolge des bestehenden Studierendenhauses am Campus Westend für Demokratisierung und Selbstverwaltung stehen soll, der Studierenschaft zur Verfügung zu stellen, ohne damit ein Bauprojekt, das Studierenden zugute kommt gegen ein anderes einzutauschen.  

Forderungen:

Im Hochschulpakt ist ausdrücklich festgehalten, dass Universitäten Rücklagen bilden dürfen, insbesondere wenn dies mit einer nachvollziehbaren Begründung erfolgt. "Die Hochschulen werden freie Rücklagen sowie unverplante, verstärkte und verstetigte Mittel in der Grundfinanzierung auch zur Verbesserung der Bedingungen in der Lehre sowie der Betreuungsrelation einsetzen."

Diese Regelung soll unter anderem dazu beitragen, die Betreuungsrelation zu verbessern und so die Qualität von Lehre und Forschung nachhaltig zu sichern. Mit diesem Argument müssen wir, als Gesamtuniversität ans Land herantreten und klarmachen, dass dieser Abzug von Rücklagen, Kürzungen bedeutet die einen massiven Einfluss auf die Qualität der universitären Forschung und Lehre haben werden. Die Goethe Universität ist abhängig von ihren Rücklagen. Für uns steht die Antwort schon fest – deswegen Protest jetzt!