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Transparent: Kritisches Denken braucht Zeit und Raum

ASta-PM: Gegen die Militarisierung der Lehre an der Goethe-Universität

16.05.2024

Studierendenschaft verurteilt in zwei Beschlüssen des Studierendenparlaments die Militarisierung der Lehre an der Goethe-Universität

Im laufenden Sommersemester 2024 findet an der Goethe-Universität ein Seminar mit dem Titel "Sociology of Work: Military Careers in Context" statt, welches von der ehemaligen US-Colonel Kelley Donham geleitet wird. Obwohl die Veranstaltungsbeschreibung den Eindruck vermittelt, es handele sich um eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit militärischen Karrieren, die zumindest kritische Ansätze enthielte, erreichten gegenteilige Berichte die Gremien der Studierendenschaft. Studierende und Mitarbeitende der Universität äußern ernste Bedenken bezüglich fehlender Wissenschaftlichkeit des Seminars sowie seiner Vereinbarkeit mit der Zivilklausel der Goethe-Universität. 

"Ich erlebe das Seminar von Colonel Donham als klaren Bruch der Zivilklausel der Universität, da es die Militarisierung der Lehre normalisiert. Es trägt nicht zu friedlichen und zivilen Zielen bei, wie sie in der Grundordnung der Goethe-Universität verankert sind. Besonders besorgniserregend sind Aussagen wie z. B. die, dass unkritischer Gehorsam gegenüber Vorgesetzten eine gute Lehre sei. Auch ihre Berichte über die Rekrutierungsabsichten der zu einem Seminartermin geladenen Bundeswehr werfen Fragen auf." berichtet Kjell Tiedemann vom Sozialistisch-demokratischen Studierendenverband (SDS) an der Goethe-Universität. 

Colonel Donham, die selbst keine soziologische Qualifikation besitzt, sondern früher Professorin für "military studies" in den USA war, präsentiert den Forschungsgegenstand ohne die notwendige wissenschaftliche Distanz und arbeitssoziologische Theorie. "Das Seminar weist eklatante Mängel in der Kontextualisierung auf und stellt politische Diskussionen unter Verschluss, während politische Aussagen der Dozentin als Fakten präsentiert werden, wie ein Gespräch zwischen der Dozentin und teilnehmenden Studierenden gezeigt hat.“, beanstandet Bleta Berisha vom AStA-Vorstandskollektiv. 

Die Studierendenschaft kritisiert vehement die fehlende wissenschaftliche Relevanz und die offensichtliche Befürwortung militärischer Hierarchien im Seminar. "Es besteht die klare Gefahr, dass die Lehre zweckentfremdet wird, um militärische Ziele zu fördern, anstatt einen kritischen Diskurs über die Auswirkungen des Militärs auf die Gesellschaft zu ermöglichen. Dabei wäre eine arbeitssoziologische Auseinandersetzung mit Militär eine interessante Ergänzung im Vorlesungsverzeichnis, wenn diese wissenschaftlich ist und ausreichend kontextualisiert wird." sagt Nabila Sayah vom AStA-Vorstandskollektiv.

Das Seminar von Colonel Donham ist Teil einer Tendenz der zunehmenden Militarisierung an Universitäten. Die Bundeswehr schaltet schon seit einiger Zeit Werbung als Rekrutierungsmaßnahme an Bildschirmen in der Universität. Die Studierendenschaft bekräftigt in zwei Beschlüssen des Studierendparlamentes vom 06.05.2024 folgerichtig die Relevanz und Lebendigkeit der Zivilklausel und fordert eine klare Positionierung des Universitätspräsidiums und anderen akademischen Selbstverwaltungsgremien, insbesondere dem Fachbereich 03 zur Lehrveranstaltung "Sociology of Work: Military Careers in Context".  

"Die Universität Frankfurt am Main hat eine reiche Tradition in der Kritischen Theorie und muss sich daher ihrer Verantwortung bewusst sein, wissenschaftliche Veranstaltungen ausschließlich zu friedlichen und zivilen Zwecken zu nutzen." mahnt Emma Scholz vom AStA-Vorstandskollektiv. 

Als Kontakt steht Ihnen Emma Scholz und Nabila Sayahunter vorstand [at] asta-frankfurt.de (vorstand[at]asta-frankfurt[dot]de) zur Verfügung.