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Perspektiven zu einer Ethik der sexuellen différance

Psychoanalytische Perspektiven auf (weibliche) Sexualität

Vortragsreihe des Referat für Feminismus

 

Zirklusion - Genitale Sexualität jenseits von Kastration und Mangel

Referentin: Ilka Quindeau

Zeit: 24.11., 18 Uhr

Ort: HZ 14 am IG Farben Campus

In der Psychoanalyse unterliegt weibliche Sexualität immer noch Relikten der phallischen Logik, die ihr ein binäres Muster von Kastration und Mangel aufzwingt. Dies zeigt sich u.a. darin, dass die Vagina als Pendant zum Penis gilt. Anatomisch ist dies allerdings nicht korrekt: Das zentrale Sexualorgan stellt die Klitoris dar. Von dort aus lässt sich eine eigenständige, unabhängige weibliche Sexualität jenseits von Heteronormativität und Reproduktion konzipieren. Nachdem der von Freud behauptete Objektwechsel in der sexuellen Entwicklung des Mädchens zu Recht kritisiert wurde, erübrigt sich damit auch der Wechsel der sexuellen Leitzone. Dieser Perspektivenwechsel wirft neues Licht auf die genitale Sexualität und die Triebtheorie: Vorgeschlagen wird der Begriff der Zirklusion als Triebmodalität, der die phalluszentrierte Penetration ergänzt.

 

 

Entsubjektivierung oder Grenzerfahrung? Der weibliche Wunsch nach analer Penetration im Widerspruch zu heteronomen Anforderungen der  Selbstverwirklichung          

Referentin: Caroline A. Sosat

Zeit: 05.12.2023, 18 Uhr

Ort: HZ 13 am IG Farben Campus             

Das Wissen zur Analsexualität von Frauen ist im Alltagsverständnis durch pornografische Darstellung verzerrt oder überlagert von einem medizinischen oder moralischen Sexualitätsdiskurs. Eine Rolle spielen auch die sexuelle Liberalisierung, in welcher Begehren zunehmend Teil der Identitätsdarstellung ist, sowie geschlechtlich strukturierte Machtverhältnisse. Analsexualität von Frauen scheint also nicht nur körperlich eine spezifisch vulnerable Praktik zu sein. In diesem Kontext geraten individuelle innerpsychische Konflikte und Formen des weiblichen Begehrens nach Analsexualität leicht aus dem Blickfeld.

Die Referentin hat spezifisch für Analsexualität erforscht, wie ein individuelles Begehren bei Frauen ausgehandelt wird. Dabei berücksichtigte sie soziale, physiologische und psychodynamische Gesichtspunkte. Im Vortrag präsentiert sie ausgewählte Aspekte ihrer Arbeit und diskutiert die theoretischen Grundlagen.

 

 

Mediale Selbst-Stimulation - Exhibierte Griffe in Schritte      

Referentin: Insa Härtel

Zeit: 11.12.2023, 18 Uhr

Ort: HZ 14 am IG Farben Campus

Dieser Vortrag interessiert sich für den Griff in den Schritt in Popmusikvideobildern und für die Erregung vor diesen Bildern. Anhand einschlägiger Images aus Mother’s Daughter von Miley Cyrus (2019) wird gezeigt, wie dieserart Gesten im Bild sowohl penetrative Wünsche der Betrachtenden, eine wehrhafte Abweisung solcher ‚Übergriffe‘ als auch ein medial-masturbatorisches Genießen der Bildkörperoberflächen ausstellen. Der Crotch Grab, so eine These, nimmt das Genießen des konsumierenden Publikums medienreflexiv in sich auf.

 

 

Über die Frage der Verwaltung hinaus - Psychoanalytische Überlegungen zur Prostitution

Referentin: Stefanie Schott

Zeit: 13.12.2023, 18 Uhr

Ort: HZ 14 am IG Farben Campus

Im Zuge der Liberalisierung von Sexualität und der voranschreitenden Kommodifizierung von Intimität scheint die Forderung, dass Prostitution ein „Job wie jeder andere“ und entstigmatisiert werden solle, so selbstverständlich wie nie. Die öffentliche Rezeption bewegt sich zwischen der Ästhetisierung und Dämonisierung ihrer Adepten. In öffentlich-rechtlichen Dokumentationen berichten Studentinnen davon, wie sie sich mit sporadischen Escort-Dates ihr Studium finanzieren, doch weisen politische Aktivistinnen darauf hin, dass Sexkauf Gewalt an Frauen sei. Diese Debatte spaltet das feministische Lager und gibt Anlass, sich von der Frage der politischen Verwaltung wegzubewegen, um die Motive der Akteure des Systems Prostitution zu sezieren und verstehen zu lernen. Mit einer Melange aus verschiedenen psychoanalytischen Konzepten soll die Spaltung der Hure als willfähriges Opfer oder als schillernde Femme Fatale endgültig aufgehoben werden.

 

 

Vom Käfig der Geschlechtlichkeit - Perspektiven zu einer Ethik der sexualen différance    

Referent:in: Esther Hutfless

Zeit: 15.12.2023, 18 Uhr

Link: https://us06web.zoom.us/j/87538394339, Meeting-ID: 875 3839 4339

„Ich spreche heute zu Ihnen aus diesem selbst gewählten, umgestalteten Käfig des ‚trans Mannes‘, des ‚nicht-binären Körpers‘. Einige werden sagen, dass auch dies ein politischer Käfig ist: Wie dem auch sei, dieser Käfig ist besser als der von ‚Männern und Frauen‘, da er seinen Status als Käfig anerkennt“, schreibt Paul B. Preciado in “Can the Monster speak?”, ein publizierter Vortrag, der explizit die Pathologisierung von Transpersonen im psychoanalytischen Diskurs problematisiert. Ausgehend von Preciados berechtigter Kritik an pathologisierenden Diskursen in der Psychoanalyse, die sich meist an eine binär gefasste Geschlechterdifferenz rückbinden, möchte ich in meinem Vortrag dieses binäre Denken in Frage stellen. Dabei werde ich auf einen Neologismus zurückgreifen und in Absetzung zu Konzepten wie „Geschlechterdifferenz“ oder „sexueller Differenz“, die letztlich in einer Binarität verhaftet bleiben, von einer Ethik der sexualen différance sprechen, die für mich zum Ausgangspunkt einer queeren, nicht-binären und nicht-normativen Psychoanalyse wird.

 

 

Masturbation - Psychoanalytische und sexualwissenschaftliche Perspektiven

             

Referent: Aaron Lahl

Zeit: 26.01.2024, 18 Uhr

Ort: HZ 14 am IG Farben Campus

Vor dem Hintergrund des sexualsoziologisch gut dokumentierten Aufstiegs der Masturbation zur "eigenständigen Sexualform" (so unter anderem Gunter Schmidt und Volkmar Sigusch) in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts wird der Vortrag eine psychoanalytische Perspektive auf Autoerotik und Masturbation in ihren psychischen und sozial-kulturellen Dimensionen vorstellen. Unter einem entwicklungspsychologischen Gesichtspunkt gilt es dabei, die Masturbation als Organisator der infantilen Sexualität, die unbewusste Fantasie als Grundgerüst des Begehrens und die Pubertätsonanie als zentrales Konflikt- und Aushandlungsfeld der Sexualität zu umreißen. Wichtige Bezugspunkte bilden hierfür die Theorien Sigmund Freuds, Jean Laplanches, Donald Winnicotts und Moses Laufers. Themen, die vor diesem Hintergrund im Vortrag diskutiert werden, sind die Geschlechterdifferenz im Masturbationsverhalten, psychische Funktionen und Bedeutungen von Pornografie sowie mögliche Lesarten des sexualkulturellen Wandels, der zum Aufstieg der Masturbation führte.