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Transparent: Kritisches Denken braucht Zeit und Raum

Offener Brief gegen den vorgelegten Erstentwurf der Novellierung der Rahmenordnung

07.11.2025

Unterstützungspetition für den offenen Brief (Anm.: Aufgrund einer Zeichenbeschränkung ist der Text der Petition etwas gekürzt, in seiner Intention jedoch gleichbleibend): http://openpetition.de/!mfxjx

Die vom Präsidium geplante Novellierung der Rahmenordnung stellt den stärksten Angriff auf die Studierendenschaft seit fast 20 Jahren dar. Die Rahmenordnung legt die grundlegende Struktur aller Bachelor- und Masterstudiengänge fest, die nun tiefgreifend verändert werden. Sollten die Änderungen gemäß des Erstentwurfs der Rahmenordnung tatsächlich beschlossen werden, würde ein Studium im Sinne einer demokratischen Hochschulbildung verunmöglicht – von einem Studium an der Goethe-Universität könnte Studieninteressierten in Zukunft nur abgeraten werden.

Zwei der Änderungen stellen besonders drastische Einschnitte in das Studium dar: 

1. Zwangsexmatrikulation nach Ablauf der Maximalstudienzeit:  

Geplant ist schlimmstenfalls eine maximale Studienzeit von 9 Semestern im Bachelor und 6 Semestern im Master – wer länger braucht, wird exmatrikuliert. 

2. Deutschpflicht für alle Studiengänge: 

Selbst in fremdsprachigen und internationalen Programmen soll künftig das Erlernen von Deutsch verpflichtend sein. Das ist das exakte Gegenteil einer Internationalisierung der Universität, die sich das Präsidium selbst groß auf die Fahne schreibt und diskriminiert Studierende, deren Muttersprache nicht deutsch ist.  

1. Exmatrikulation nach Maximalstudienzeit 

Die Regelstudienzeit beträgt im Bachelor 6, im Master 4 Semester. Die im Erstentwurf veranschlagte Festlegung einer Maximalstudienzeit auf das 1,5- oder 2-fache der Regelstudienzeit würde bedeuten, dass ein Bachelorstudiengang nun verpflichtend nach maximal 9 oder 12 Semestern beendet werden muss - beim Master entsprechend nach 6 bis 8 Semestern. Aufgrund des Zeitdrucks werden Studierende mehr Seminare als für sie leistbar sind belegen, was zu mangelhafter Vorbereitung und Motivation führt, woraus ein Qualitätsverlust in der Lehre resultiert. 

Diese Regelungen schränken die Studierenden ein und benachteiligen jene, die neben dem Studium noch andere Verpflichtungen haben. Studierende, die unter gesundheitlichen Problemen leiden, müssen Atteste vorweisen. Diejenigen, die Carearbeit leisten, müssen dies nachweisen, genau wie hochschulpolitisch, ehrenamtlich oder anderweitig engagierte Studierende. Besonders Studierende, die neben dem Studium arbeiten müssen, um sich dieses finanzieren zu können, würden durch die geplante Umstrukturierung der Rahmenordnung in eine noch prekärere Lage gedrängt.  

Die Möglichkeit, diese Belastungen nachzuweisen und eine Verlängerung zu bewirken, kann diese strukturelle Benachteiligung nicht ausgleichen. Zum einen sind einige dieser Mehrbelastungen schlicht nicht nachweisbar, zum anderen wird die schiere Anzahl der Anträge die damit betraute Verwaltung aller Wahrscheinlichkeit nach maßlos überlasten, weshalb mit extremen Wartezeiten bei der Bearbeitung zu rechnen ist. Hinzu kommt auch, dass Entscheidungen über Anträge solcher Art, das können wir aus Erfahrung sagen, häufig zu Ungunsten der Studierenden ausfallen. Es ist ebenso fraglich, wie sichergestellt werden kann, dass zusätzliche Semester einen wirklichen Nachteilsausgleich darstellen, welcher der nicht nur zeitlich messbaren Mehrbelastung gerecht werden kann. 

Die geplante Novellierung der Rahmenordnung würde eine strukturelle Benachteiligung einer großen Gruppe ohnehin schon überlasteter Studierender verschärfen und eine Entdemokratisierung der Hochschule bedeuten. Vor allem, weil die Umstrukturierungen ein Engagement in der Hochschulpolitik und in Fachschaften extrem erschweren würden. Damit würde die Novellierung ein Absterben eben jener ohnehin schon geschwächten, aber für den demokratischen Hochschulbetrieb notwendigen und gegen die sich verstärkenden rechten Tendenzen unverzichtbaren Institutionen in Kauf nehmen.  

2. Deutsch als Verpflichtung? 

Internationale Studierende und Studierende, deren Muttersprache nicht deutsch ist, sollen gemäß des Erstentwurfs dazu gezwungen werden, selbst in rein fremdsprachigen Studiengängen bis zum 3. BA-Fachsemester einen Deutsch-Sprachnachweis zu erbringen. Diese Regelung diskriminiert entsprechende Studierende und steht im Widerspruch zu den Internationalisierungsbestrebungen der Goethe-Universität. Es ist nicht ersichtlich, inwieweit eine entsprechende Regelung im Zusammenhang mit dem Studienerfolg dieser Studierenden steht, insbesondere weil es sich um fremdsprachige Studiengänge handelt. Dies wird mit der Förderung der Integration sowie verbesserter Chancen auf dem Arbeitsmarkt begründet. Dahinter steckt ein fragwürdiges Konzept von Integration, zu der die Universität internationale Studierende mittels der Rahmenordnung versucht zu zwingen. Die Goethe-Universität muss auf die Eigenverantwortung und Eigeninitiative ihrer Studierenden vertrauen, die selbstbestimmt darüber entscheiden können müssen, bis zu welchem Niveau das Erlernen einer Sprache für ihr Studium - und für ihre “Integration” - relevant ist. Im Rahmen der Internationalisierung der Lehre ist eine derartige Fokussierung auf die deutsche Sprache nicht zielführend, privilegiert deutsche Muttersprachler:innen und bedient ein rechts-konservatives Narrativ von Integration. 

Diese beiden kritisierten Aspekte stehen exemplarisch dafür, wie die geplante Rahmenordnung die demokratischen Partizipationsmöglichkeiten an der Universität beschneidet, die Studierendenschaft bevormundet. Dafür, wie die Selbstverwaltung der Fachbereiche gefährdet wird, indem sie in einem unverhältnismäßigen Ausmaß vorgibt, wie ein Studium auszusehen hat. Das Präsidium hat weder den Studierenden noch den demokratischen Gremien der Fachbereiche in diesem Umfang zu diktieren, wie sie ihr Studium und ihre Studiengänge zu gestalten haben. Studierende brauchen keine Hilfestellung der Universität, um "ihre Lernphasen kontinuierlich zu gestalten und Prüfungen rechtzeitig abzulegen" (Rahmenordnung Erstentwurf Erläuterung 2025 §36 (3,4)). Sie brauchen die Möglichkeit, selbstständig und eigenverantwortlich Studieninhalte zu wählen, Prüfungen abzulegen, wenn sie hierzu bereit sind, und sich außerhalb von Lehrveranstaltungen und Prüfungsleistungen zu engagieren – diese Ziele sollte die Grundlage für die neue Rahmenordnung bilden! 

Die Fachschaftenkonferenz hat bereits in ihrem Positionspapier weitere Kritikpunkte an der Rahmenordnung formuliert, wie die Festlegung von CP-Schritten, die die naturwissenschaftlichen Studiengänge massiv einschränken würden. Wenn die Vergabe von CP nur noch vereinheitlicht werden soll und sich nicht mehr am Arbeitsaufwand bemisst, verfehlt sie ihren Zweck. Wir schließen uns diesen weiteren Kritikpunkten ebenso an. Der neue Entwurf schränkt alle Studiengänge und –zweige grundlegend und respektiv ein. 

Wir fordern das Präsidium auf, die kritisierten Änderungen ersatzlos zu streichen sowie die Rahmenordnung unter Berücksichtigung der oben genannten Ziele zu überarbeiten!