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Stramm rechts im Hörsaal!

Stramm rechts im Hörsaal? Studierende und die extreme Rechte

02.06.2022

Die Studierendenschaft gilt spätestens seit der Studierendenbewegung der 68er als überwiegend links. Manche sehen in den Studierenden gar einen „linken Sumpf“, der „trockengelegt“ werden müsse – so drückte es zumindest der baden-württembergische Ministerpräsident und vormalige NS-Marinerichter Hans Filbinger in den 1970er Jahren aus. Doch freilich waren die Studierendenschaften nie nur links. Bis in die 1960er Jahre hinein waren reaktionäre, konservative oder gar revanchistische Positionen sogar in der Mehrheit – bis in die gewählten Gremien der Studierendenschaft wie die ASten hinein. Dies verwundert nicht, waren doch zahlreiche Studierende vor 1945 in Nazi-Organisationen wie dem Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbund (NSDStB) aktiv gewesen, oder hatten dem Regime auf anderen Weisen Vorschub geleistet.

Die Auseinandersetzung mit der historischen Verantwortung der Studierendenschaft ist deshalb außerordentlich wichtig – ebenso wie die Analyse der Rolle der extremen Rechten an den Universitäten heute. Mit dieser Veranstaltungsreihe wollen wir einen Beitrag zu dieser Auseinandersetzung leisten.

 

Faschistische Avantgarde? Student*innen und Nationalsozialismus

mit Tobias Eisch

Dienstag, 14. Juni 2022, 19 Uhr, Studierendenhaus Bockenheim, Festsaal

 

Alljährlich ist in jeder bedeutenden und weniger bedeutenden Zeitung die Rede vom studentischen Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Ob in der Schule, an der Uni oder in den Nachrichten: wenn es um Student*innen und Nationalsozialismus geht, hört man fast ausschließlich von der Weißen Rose, sogar die AfD und Querdenker berufen sich auf sie. Doch wie viel Wahres ist an diesem Bild einer vermeintlich antifaschistischen akademischen Geschichte?

Der Blick auf die studentische Geschichte im Vorfeld und während des Nationalsozialismus ist eine Auseinandersetzung, der allzu oft aus dem Weg gegangen wird. Die Aufarbeitung dieser Zeit von studentischer Seite konzentrierte sich oftmals auf die Geschichte der Professoren und die Hochschulstruktur, in vielen Fällen werden bestenfalls die Bücherverbrennungen thematisiert. Doch welchen Beitrag zum Nationalsozialismus haben Studierende damals geleistet? Welche Rolle spielten dabei ASten, studentische Verbindungen und der Nationalsozialistische Deutsche Studentenbund? Diesen Fragen geht der Vortrag nach, indem er die zentralen Akteure und deren Ideologien betrachtet.

Tobias Eisch war im Vorstand des freien zusammenschluss von student*innenschaften und initiierte die Kampagne „never again! – Aktionstage gegen autoritäre und faschistische Tendenzen“. Er arbeitet als freier Journalist und studiert Ost-West-Studien an der Uni Regensburg.

 

 

Identitäre an der Uni

Samstag, 25. Juni 2022, 17 Uhr, Studierendenhaus, Festsaal

mit Natascha Strobl

 

Die neofaschistische „Identitäre Bewegung“ rekrutierte ihre Kader von Beginn an auch an den Hochschulen, vor allem unter Mitgliedern deutschnationaler Burschenschaften. Der Ableger Kontrakultur Halle quartierte sich gezielt in Campus-Nähe ein, um dort die politische Auseinandersetzung und Einschüchterung zu führen. Martin Sellner, Jura- und Philosophiestudent, verbreitete in den letzten Jahren mit der IB den Verschwörungsmythos vom „großen Austausch“, der es bis in konservative Kreise geschafft hat. Auch auf Corona-Demos sind Sellner und andere Identitäre präsent, um den Widerstand gegen die verhasste Demokratie zu schüren.

Natascha Strobl ist Politikwissenschaftlerin und Skandinavistin und forscht zur extremen Rechten und der „Neuen Rechten“. Unter #natsanalyse twittert sie über Politik und autoritäre Rhetorik. Sie schreibt u.a für den Volksverpetzer und den FALTER. Im Jahr 2021 erschien ihre Analyse „Radikalisierter Konservatismus“ im Suhrkamp-Verlag.

 

 

„Linksgrün versifft“ oder (neu)rechter Tummelplatz? Extrem rechte Tendenzen auf dem Campus seit 1968

Dienstag, 19. Juli 2022, 19 Uhr, Studierendenhaus, Festsaal

mit Lucius Teidelbaum

 

Extreme Rechte gab und gibt es auch an den Universitäten. Rechtskonservative bis extrem rechte Studentenverbindungen wie etwa Burschenschaften sorgen dafür, dass auch rechte Studenten sich auf dem Campus wohl fühlen und über Rückzugsorte verfügen. Zusätzlich existieren in der Professor*innenschaft rechte Tendenzen und an so mancher theologischen Fakultät lehren fundamentalistische und homophobe DozentInnen. Daneben gab es immer wieder Versuche rechte Studierenden-Organisationen zu gründen – bisher ohne Erfolg.

Diese und mehr rechte Erscheinungsformen sollen im Rahmen eines Vortrags näher betrachtet und ihre (strukturellen) Ursachen analysiert werden.

Lucius Teidelbaum ist freier Journalist und Bildungsreferent. Zuletzt erschien von ihm das Buch „Die christliche Rechte in Deutschland“ (2018) im Unrast-Verlag.