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AStA Zeitung Exemplare

Call for Papers: Erziehung zur Unmündigkeit

03.02.2022

In der kommenden AStA-Zeitungsausgabe wollen wir uns mit den

Möglichkeiten von kritischer Bildung beschäftigen. Vor dem Hintergrund verschiedener gesellschaftlicher Entwicklungen wird der Versuch einer „Erziehung zur Mündigkeit“ zunehmend erschwert. Insofern soll der Fokus der nächsten Ausgabe insbesondere auf den folgenden drei Problemfeldern liegen.

 

I. Ökonomisierung und Neoliberalisierung

Vor mehr als einem halben Jahrhundert veröffentlichte der Sozialistische Deutsche Studentenbund (SDS) seine wegweisende Denkschrift „Hochschule in der Demokratie“. Diese markiert den Beginn der jüngeren Geschichte studentischer Protestbewegungen. Im Zentrum der Kritik stand und steht immer auch die Verwertung und Kommodifizierung von Bildung und Forschung, die heute mit den Schlagworten „Ökonomisierung“ oder „Neoliberalisierung“ bezeichnet wird. Diese Entwicklung hat sich seit der Bologna-Reform und der fast vollständigen Umstellung auf drittmittelfinanzierte Forschung noch zugespitzt. Selbst der ehemalige Leiter des Instituts für Sozialforschung, Axel Honneth, erklärte jüngst, dass interdisziplinäre Forschung unter diesen Umständen kaum möglich sei.

Offen bleibt die Frage nach den Alternativen. Ist von Universitäten unter kapitalistischen Bedingungen überhaupt etwas anderes zu erwarten als die Produktion von Herrschaftswissen und ideologische Abrichtung? Emanzipatorische Wissenschaft scheint nur unter prekären Umständen möglich zu sein – oder gar nicht. Verglichen mit den Glanzzeiten bürgerlicher Wissenschaft wirkt die Jagd nach Credit Points geradezu lächerlich; man wünscht sich fast die elitäre Bildung des 19. Jahrhunderts zurück. Wie könnte ein linker Zugriff auf diese Tradition aussehen, ohne die kolonialistischen, chauvinistischen und eben: bürgerlichen Implikationen zu reproduzieren?

II. (Post)faschistische Bildung

Der Umzug zahlreicher Institute der Goethe-Universität vom Campus Bockenheim auf das IG Farben-Gelände im Westend, der sich in diesem Jahr zum 20. Mal jährt, steht symbolhaft einerseits für die immer stärkere Zurichtung durch die neoliberale Universität, andererseits für die nach wie vor nötige Reflexion über die Möglichkeiten des Studiums im postnazistischen Deutschland.

Die Uni-Leitung hätte die zahlreichen Auseinandersetzungen mit der Geschichte der Universität und des Campusgeländes wohl lieber vermieden, diese wurden aber von Studierenden und Überlebenden des NS-Regimes erkämpft. Und auch heute sind jene Initiativen und Institutionen, die sich der Kritik und Reflexion der Universität in der postnazistischen Gesellschaft verschrieben haben, immerzu prekär und bedroht. Die Auflösung der Forschungsstelle NS-Pädagogik im März 2021 ist dafür ein eindrückliches Beispiel.

III. Neue faschistoide Bewegungen und ihr Bildungsbegriff

Zugleich nehmen die Angriffe auf die Bewegungen im Bildungsbetrieb, die sich einer Kritik und Veränderung der gesellschaftlichen Zustände verschreiben, spürbar zu. Der rechte Frontalangriff auf emanzipatorische Wissenschaft, zuvorderst die Gender Studies, ist unübersehbar.

Mit der „Desiderius-Erasmus-Stiftung“ steht eine parteinahe Stiftung in den Startlöchern, die bald schon an jeder größeren Universität Dutzende StipendiatInnen haben und so zur rechtsextremen Kaderschmiede avancieren könnte. Die Corona-Rechten aus dem „Querdenken“-Umfeld – deren Geschäft die mobilisierte Unmündigkeit ist – planen derweil, mit einer „Hannah-Arendt-Akademie“ eine Art Universität der verschwörungsideologischen Rechten aufzubauen. Auch ihr bewegungsförmiges Umfeld hat unter dem Label „StudentenStehenAuf“ die Hochschulen bereits erreicht. Das neurechte Bildungsprojekt „Gegen-Uni“ gibt vor, eine rechte intellektuelle Elite der Zukunft heranziehen zu wollen.

 

Die genannten Punkte sollen euch als Anregung dienen, gerne könnt ihr aber auch über andere Themen schreiben. Einen Leitfaden zum Schreiben von Artikeln findet ihr hier.

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